Vielfalt bei Neuanpflanzung und natürliche Verjüngung sollen Erfolg bringen
Goslar. Die derzeitige Lage in der Stadtforst ist laut Wolfgang Lebzien, Leiter der Goslarer Stadtforst, leider verheerend. 65 Prozent der im Stadtwald Goslar ehemals vorhandenen Fichtenbestände sind durch den Borkenkäfer vernichtet mit steigender Tendenz. Auch anderen Baumarten wie z.B. der Buche geht es vielfach schlecht. Ursächlich für die Schäden sind die veränderten klimatischen Verhältnisse. Sehr trockene und warme Jahre zwischen 2018 und 2020 haben die Explosion der Borkenkäferbestände erst möglich gemacht. Gefördert wurde diese Entwicklung durch einen sehr hohen Fichtenanteil unter anderem im Harz und auch in der Stadtforst Goslar. Bei den letzten großen Aufforstungswellen nach dem zweiten Weltkrieg, stand kein anderes Pflanzmaterial zur Verfügung, das aus damaliger Sicht geeignet gewesen wäre, den künftigen Bedarf an Holz möglichst schnell wieder zu decken.
Die Fichten wuchsen bei der zu dieser Zeit noch sehr guten Wasserversorgung und kühleren Durchschnittstemperaturen gut an und konnten den Wildverbiss auch ohne Schutz auf großer Fläche überleben. Pflanzaktionen der letzten 20 bis 30 Jahre, bei denen bereits die Pflanzung von Laubholz im Vordergrund standen, konnten das Missverhältnis zwischen Fichten- und Laubholzanteil noch nicht wesentlich verbessern.
Nun führen die geänderten klimatischen Bedingungen und der Borkenkäfer zu einem radikalen Einschnitt. Die Dominanz der Fichte gehört aller Voraussicht der Vergangenheit an. Dies ist aus Naturschutzsicht zu begrüßen, allerdings bedeutet es enorme wirtschaftliche Verluste für die Forstbetriebe und zunächst auch eine deutliche Verminderung der CO²-Senkenfunktion des Waldes. Die Hoffnung beruht nun darauf, dass sich auf den Kahlflächen mit Unterstützung des Menschen ein klimaangepasster Mischwald entwickelt und dieser den klimatischen Veränderungen trotzen kann.
Die dynamische Entwicklung des Klimas erschwert es, die vermeintlich erfolgreichste Strategie der Wiederbewaldung zu finden. Dennoch gibt es Eckpunkte, die die dauerhaften Erfolg-saussichten bei der Wiederbewaldung erhöhen. Dazu gehört eine möglichst große Vielfalt bei der Anpflanzung neuer Bäume. Kommen eine oder zwei Baumarten dauerhaft nicht klar, könnten andere Baumarten auf der gleichen Fläche ihren Platz und ihre Funktion übernehmen.
Ein weiterer Punkt ist die Nutzung der vorhandenen Naturverjüngungspotentiale in möglichst großem Umfang und eine Pflege der aufwachsenden Waldbestände, die eine Mehrstufigkeit, starke Baumindividuen und unterschiedliche Lichtverhältnisse in den Beständen fördern. Ziel ist dabei einen artenreichen, naturnahen Mischwald zu erzielen, der sich natürlich verjüngt und im besten Fall ein größeres Artenspektrum aufweist, als ein Wald, der sich völlig selbst überlassen würde. Denn natürlich verjüngen sich an einem Standort nur die Baum- und Straucharten in größerem Umfang, die auf der Fläche bereits vorhanden sind und somit als Samenbäume zur Verfügung stehen.
Um die Anwuchschancen junger Bäume zu erhöhen, sei es aus Pflanzung oder aus Naturverjüngung, ist es wichtig, nicht sämtliches Schad- und Totholz von den Flächen zu entfer-nen. Stehendes und liegendes Totholz habe sehr wichtige Funktionen im Ökosystem. Es sorgt für mehr Windruhe und wirkt als Schattenspender, es ist Wasser- und Nährstoffspei-cher für die neue Pflanzengeneration und bindet längerfristig CO². So wird auch in der Stadt-forst Goslar verfahren.
Um möglichst schnell wieder zu hohen CO² Bindungsraten über die Waldflächen zu kommen, die Artenvielfalt zu erhöhen und den wertvollen Rohstoff Holz für künftige Generatio-nen zur Verfügung stellen zu können, werden neben der Nutzung der natürlichen Waldverjüngung auch gezielt und umfänglich Pflanzmaßnahmen vorgenommen. In der Pflanzperiode Herbst 2021/ Frühjahr 2022 bringt die Stadtforst Goslar voraussichtlich ca. 210.000 Pflanzen in den Boden. Dabei wird darauf geachtet, dass sich immer wieder natürliche Strukturen mit Pflanzflächen abwechseln und die einzelnen Anpflanzungen nicht größer als 1 Hektar sind. Geplant ist derzeit, dass auf mindestens 50 % der Kahlflächen die Waldverjüngung über natürliche Verjüngung erfolgt.
Bei der Entscheidung über die Art der Wiederbewaldung spielen die Ergebnisse der aktuellen Forsteinrichtung eine wichtige Rolle. Die Forsteinrichtung wird alle zehn Jahre durchgeführt und ist eine Inventur des Waldes mit wissenschaftlich basierten Empfehlungen für die die weitere Behandlung der Bestände. Dabei spielen standörtliche und ökologische Aspekte eine entscheidende Rolle. Die Ergebnisse der neusten Forsteinrichtung werden in diesem Frühjahr vorgelegt.
Besonders dankbar ist die Stadtforst den vielen engagierten Einzelpersonen, Gruppen, Firmen und Vereinen sowie den Studenten der Fachhochschule für Forstwirtschaft aus Göttingen, die die Stadtforst aktiv bei Pflanzmaßnahmen unterstützen und zum Teil neue Konzepte der Wiederbewaldung erproben. Dabei werden in der aktuellen Pflanzperiode ca. 20.000 Pflanzen durch freiwillige Helferinnen und Helfer zusätzlich gesetzt.
Download der Pressemitteilung:
Pläne zur Wiederbewaldung der Stadtforst Goslar
Download des Bildmaterials:
Foto (Stadt Goslar): Neben gezielter Pflanzmaßnahmen nutzt die Stadtforst die natürliche Verjüngung zur Wiederbewaldung.
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