Goslar ist Station am Jakobsweg von Magdeburg nach Köln
Der Jakobsweg ist ein alter Pilgerweg nach Santiago de Compostela zum Grabe des Apostels Jakobus, der sich in ganz Europa steigender Beliebtheit erfreut. Ein über Goslar führender Fernwanderweg verbindet die alten Handelsstädte Magdeburg, Paderborn mit Köln. Schon bald soll dieser Weg bis nach Berlin und an die polnische Grenze nach Frankfurt/oder verlängert werden und den Osten an das europäische Wegenetz anbinden.
Die aus dem Osten von der Magdeburger Börde über Hadmersleben, Halberstadt, Osterwiek und Vienenburg nach Goslar ziehenden Pilger betreten heute die Altstadt durch die mächtige Toranlage des Breiten Tores aus dem 13. Jh. und sie verlassen sie wieder am Rosentor mit Achtermann bei der Neuwerkkirche. Von hier zieht man weiter nach Westen zu den nächsten großen Städten Bad Gandersheim, Höxter Paderborn und Köln.
An die Anwesenheit der Pilger im Mittelalter erinnern in der Stadt noch die Jakobistraße und die St. Jakobikirche. Mit ihrem romanischem Westwerk zählt sie zu den ältesten dreischiffigen kreuzförmigen Basiliken in Niedersachsen. Durch das gotische Pilgerportal, das mit stilisierten Pilgerstäben und Muscheln verziert ist, betraten sie einst die Kirche. Im Scheitel des Eingangsbogens vom Südportal befindet sich ein Medaillon mit der Darstellung des hl. Jakobus d. Ä. und im Spitzgiebel darüber eine Jakobsmuschel. Die heutigen Pilger werden von einer zeitgenössischen Plastik des Kirchenpatrons in einer Nische an der nördlichen Außenwand begrüßt.
Ein weitere Wegmarke für die Jakobspilger in der Stadt ist die nördliche Domvorhalle aus der zweiten Hälfte des 12. Jh.. Sie ist der einzige Rest des baufällig gewordenen und 1819 abgerissenen Domes. Die Säule der Vorhalle, die auf einem liegenden Löwen steht, zeigt Spuren von den Wetzrillen frommer Pilger, die hier heilkräftigen Staub abgeschabt haben.
Im Innern des Domes befand sich einst der berühmte Krodo-Altar, ein kostbarer Reliquien-Schrein, der die Gebeine der Apostel Simonis und Judäumschloss. Apostelreliquien wie diese waren für vorbeiziehende Pilger immer wichtige Anziehungspunkte. Der Schrein, ein bedeutendes Werk der romanischen liturgischen Kunst und ein Geschenk Kaiser Heinrichs III. befindet sich nach wechselvoller Geschichte heute im Städtischen Museum.
Ein Gang durch die Stadt versetzt jeden Besucher zurück in eine mittelalterliche Welt, die immer auch die Welt der Jakobspilger war. Mit einem Bestand von ca. 1000 denkmalgeschützten Häusern zählt Goslar heute in der Architektur zu den Schatzkammern ersten Ranges der deutschen Kunst. Gerade hier fällt es besonders leicht, sich vorzustellen, wie sehr einst das Straßenbild der Städte von den durchziehenden Jakobspilgern geprägt worden ist.
Vor dem Verlassen der Stadt Goslar kommen die Jakobspilger beim ehemaligen Rosentor an der Neuwerk-Kirche vorbei. Als Stiftskirche aus der Salier- und Frühstauferzeit von 1186 atmet sie noch heute den Geist des Mittelalters als Idealtyp einer dreischiffigen Basilika mit zweitürmigem Westwerk. Auch hier haben - wie in der Krypta von Stift Riechenberg - lombardische Steinmetze vor allem an den äußeren Teilen der Chorapsiden und innen an den Kapitellen kunstvolle plastische Verzierungen von hoher Ausdruckskraft geschaffen, die von den Pilgern ebenso ehrfurchtsvoll bestaunt wurden.
Hinter Goslar führt die Route am Harzrand weiter über das ehem. Kloster Riechenberg nach Langelsheim. In Gedanken sind die Pilger schon bei ihrem nächsten großen Etappenpunkt Ziel: Der Stadt Bad Gandersheim. Dorthin gelangen sie über Seesen auf alten Kaiserrouten und Handelsrouten, die ihnen ein sicheres Fortkommen gewährleisteten auf ihrer langen Reise zu sich selbst und zum heiligen Jakob. Die gute Aufnahme in der Stadt Goslar wird ihnen sicher in guter Erinnerung bleiben.
Weitere Informationen erhalten Sie in dem Buch:
Walter Töpner, Wege der Jakobspilger - Band 1 - Magdeburger Börde, Harz, Solling, Sauerland, Rheinland (Band 1), Paulinus Verlag, Maximineracht 11c; 54295 Trier, ISBN 3-7902-1316-0, € 19,90